Hermann und Dorothea // Arminius et Theodora

Ins Lateinische übersetzt von M. Benjamin Gottlob Fischer,
Stuttgart 1822. – 225 S. / dt.-lat.

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Letzte Bearbeitung: 12.10.2010
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Rezeption. Dokumente, Zitate, Literaturhinweise

1822 Rezension in: Allgemeine Literatur-Zeitung vom Jahre 1822, 4. Bd.: Ergänzungsblätter, Nr. 125, November, Sp. 999 f.
  Allgemeines Repertorium der neuesten in- und ausländischen Literatur für 1822, 3. Bd., S. 389 f.:
„Der schon duch seine Ueb. von Vossens Luise [...] bekannte Vf. erfreut gewiss durch diese classische Ueb. eines classischen Gedichts jeden Freund der latein. Poesie. Es war in der Tat keine geringe Arbeit in gleicher Verszahl das deutsche Gedicht treu, rein, fliessend und wohlklingend wieder zu geben, wenn auch die Vossische Idylle noch mehr Schwierigkeiten hatte. In gegenwärtiger Ueb. erkennt man die grössere Fertigkeit und Leichtigkeit im Arbeiten dieser Art noch deutlicher und überall in der Wahl der Ausdrücke, der Wortformen, des Numerus den vertrauten Freund der alten latein. Dichter. Die Vergleichung erleichtert der gegenüberstehende Text.”
1823 Goethe in einem Brief an Staatsrat Christoph Schulz vom 8. Juli 1823:
„Man brachte mir die lateinische Übersetzung von Herrmann und Dorothea, es ward mir ganz sonderbar dabey; ich hatte dieses Lieblingsgedicht viele Jahre nicht gesehen, und nun erblickt ich es wie im Spiegel, der, wie wir aus Erfahrung und neuerlich aus dem Entoptischen wissen, eine eigene magische Kraft auszuüben die Fähigkeit hat. Hier sah ich nun mein Sinnen und Dichten, in einer viel gebildeteren Sprache, identisch und verändert, wobey mir vorzüglich auffiel, daß die römische nach dem Begriff strebt und, was oft im Deutschen sich unschuldig verschleyert, zu einer Art von Sentenz wird, die, wenn sie sich auch vom Gefühl entfernt, dem Geiste doch wohlthut. Ich möchte übrigens nicht weiter darüber nachdenken, denn eine solche Vergleichung führt zu tief in den Text.” (WA, IV. Abt., Bd. 37, S. 123)
1902 Eugen Grünwald: Deutsche Poesie in lateinischem Gewande, in: Zeitschrift für den deutschen Unterricht, 16. Jg., 1902, S. 614-619: Die Übersetzung der Verse VI, 137-145 zeigt die „Ohnmacht des Übersetzers, mit den Ausdrucksmitteln der alten Sprache der modernen gerecht zu werden”. (S. 616) – Gleichwohl „kann man dem Übersetzer die Anerkennung nicht versagen, daß er sich möglichst treuer Wiedergabe des Sinnes beflissen hat”. (S. 617) – „Mag man seiner Arbeit auch den color Latinus nicht absprechen, den color patrius hat das Original unter seinen Händen entschieden eingebüßt. Der Erdgeruch des Heimatlichen, das Gemütvolle, das Deutsche ist verloren gegangen [...] Wie könnte aber auch die wuchtige, ernste, große Wirkungen bezweckende römische Sprache sich zur Schilderung gemütlichen Kleinlebens eignen!" (S. 618) – „Und nicht nur das Milieu vermag die Übersetzung nicht wiederzugeben, auch die ganze Stufenleiter der Stimmungen, die das Epos durchläuft, behagliche Ruhe, verhaltene Leidenschaft, Humor und ernste Weisheit, keimende Liebe und keusche Zurückhaltung, wilde Begierde und fromme Ergebung, seliges Genießen und wehmütiges Entsagen – der erschütternde Gegensatz zwischen dem friedlichen Hintergrund und dem nur vorübergehend getrübten Spiegel eines friedlichen Idylls: die Übersetzung vermag ihnen mit ihrer nivellierenden kühlen Gemessenheit nicht zu folgen [...] Der deutsche Klassizismus gewinnt durchaus nicht durch das klassische Gewand, sondern er erwächst aus denselben Wurzeln wie der antike und findet seine Nahrung nur im väterlichen Boden, in dem heimatlichen Volke – seinen Ausdruck in der Muttersprache. Unser Urteil über Fischers Arminius et Theodora kann nur lauten: Der Verfasser kennt die lateinische Sprache und ihre dichterische Handhabung, zeigt aber, was sie nie und nimmer zu leisten imstande ist, weil es ihrem Geiste und Charakter widerspricht.” (S. 618 f.)
1989 Walter Liebenfelß: ‚Arminius et Theodora’ – Goethes Dichtung in lateinischem Gewande, in: Jahrbuch des Wiener Goethe-Vereins, Bd. 92/93, 1988/89, S. 91-100.
2001 Günther Debon: Arminius et Theodora, in: Mentis amore ligati. Lateinische Freundschaftsdichtung und Dichterfreundschaft in Mittelalter und Neuzeit, Festgabe für Reinhard Düchting zum 65. Geburtstag, Heidelberg 2001, S. 71-79.